Porsches Technik-Vorstand Wolfgang Hatz lässt keinen Zweifel offen: „Der Sport Turismo wird den Panamera nicht ersetzen, sondern bestenfalls ergänzen.“ Also ist kein Kannibalismus, sondern die friedliche Koexistenz geplant. Frühestens in vier Jahren wäre das soweit. Doch noch steht nicht fest, ob der Shooting Brake überhaupt in Serien geht. „Das ist ein Versuchsballon. Wir wollen die Reaktion der Kunden für Kombis in schwierigen Märkten wie USA und China testen“, erklärt Hatz. Die ersten Reaktionen im Nobelort Beverly Hills nahe Los Angeles waren durchaus positiv. „Ein Filmproduzent hat uns schon einen Batzen Geld geboten“, erzählt Designer Mitja Borkert lachend. Doch der schicke Porsche ist unverkäuflich.
Das gesteigerte Interesse verwundert kaum: Auf der Straße macht die Studie eine gute Figur. Schließlich hat der Plug-in-Hybrid die Kraft der zwei Herzen – und die sind top-modern: Der E-Motor leistet mit 70 kW bzw. 95 PS doppelt so viel wie das 47-PS-Triebwerk im aktuellen Panamera Hybrid und die Lithium-Ionen-Batterie stellt den Nickel-Metall-Hydrid-Akku bei weitem in den Schatten. Das Resultat ist eine Reichweite von rund 30 Kilometern. Die werden aber nur mit sehr zurückhaltendem Gasfuß erreicht. Und das ist beim Panamera Sport Turismo schwierig umzusetzen. Denn zusammen mit dem bekannten 333-PS-Verbrenner wuchtet der Porsche 416 PS auf den Asphalt.
Die spürt man beim Kickdown deutlich. Der Shooting-Brake hechtet nach vorne, dass einem das Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht weichen will. Dabei verwandelt sich das sonore Brabbeln des Triebwerks in ein herzhaft raues Konzert aus sechs Töpfen. Der Grund für die akustische Präpotenz ist das Fehlen der Endschalldämpfer. Die dürften bei der Serienversion dann wieder verbaut sein. Der Durchschnitts-Verbrauch soll gerade einmal 3,5 Liter betragen. Doch der Kompressor-Motor hat sich schon bei Touareg und Panamera Hybrid als nicht optimal für eine Hybrid-Lösung erwiesen. Schließlich läuft der Luftverdichter immer mit. Mit Starkstrom ist der Akku nach 2,5 Stunden wieder geladen. Benutzt man eine herkömmliche Steckdose und das mitgelieferte Ladegerät, dauert es rund doppelt so lange.
Zum Mitschwimmen im Verkehr reicht die Kraft allemal. Allerdings gewinnt der Schulterblick wieder an Bedeutung. Denn Außenspiegel sucht man vergebens. Diesen Job übernehmen zwei Monitore, die sich links und rechts vom runden Zentraldisplay befinden. Das Verdikt für dieses Cockpit kam übrigens von ganz oben: VW-Patriarch Ferdinand Piëch höchstpersönlich hat sich für diese Lösung stark gemacht. Ein Porsche hat das Zündschloss immer links? Mit dieser Tradition wird auch bei der Shooting-Brake-Studie nicht gebrochen: Nur dass das Auto mit einem Druck auf die Mitte des kreisrunden Displays zum Leben erweckt wird. Drücken und Wischen werden beim Bedienkonzept des Sport Turismo ohnehin ganz groß geschrieben. Statt der flugcockpitähnlichen Mittelkonsole befindet sich ein Tablet-PC auf dem Mitteltunnel. Per Fingerbewegung werden dort die Befehle eingegeben.
So sehr das Interieur in die Zukunft blicken lässt, spielt das Exterieur-Design mit der bekannt-erfolgreichen Porsche-DNA: Die Abrisskante des Hecks ist vom 911 inspiriert und auch die vorderen Kotflügel stehen in der Tradition der Zuffenhausener Formensprache. Sie sind höher als die Motorhaube und fallen nach etwas mehr als der Hälfte der Länge radikal nach unten ab, um die markante Haifischnase zu akzentuieren. Das Heck mit dem schicken dreidimensionalen Schriftzug erinnert stark an den 911er. Ganz ohne Captain Future geht es aber auch außen nicht: Bei den Rück- und Frontleuchten kommen jeweils vier starke LEDs zum Einsatz.
Obwohl der Radstand von 2,92 Metern mit dem Panamera identisch ist, unterscheidet sich die Studie merklich von ihrem Bruder. Sie ist sechs Zentimeter breiter und dabei zwei Zentimeter flacher. Damit kauert der Shooting-Brake dynamischer auf dem Asphalt. Dazu kommt, dass das Dach nicht so schräg abfällt, was für mehr Kopffreiheit sorgt.
Fotos: Porsche