In zukünftigen Automobilbüchern wird 2013 als das Jahr des großen Kampfes um die Hypercar-Krone zwischen Ferrari, McLaren und Porsche eingehen. Zwei der Kontrahenten sind seit der Eröffnung des Genfer Automobilsalons bereits an die Öffentlichkeit getreten – der Ferrari „LaFerrari“ und der McLaren P1. Man hat auch auf den Auftritt des Dritten im Bunde fest gerechnet – doch die Zuffenhausener gönnen ihrem Porsche 918 noch ein paar Einheiten im Trainingslager, bis er dann in Frankfurt die Messebühne betritt.
Die Wirtschaftszeitung Financial Times sah jüngst das klassische Automobil auf Platz Zwei der “best performing Investments“ in der letzten Dekade – mit einem Wachstum von 395 Prozent. Die vierrädrigen Wertanlagen müssen sich nur gegenüber dem steigenden Wert von Gold (434 Prozent Wachstum) geschlagen geben. Und damit überholen die „alten Autos“ Investment-Immobilien in Premiumlagen in Hong Kong (221 Prozent), Sao Paolo (211 Prozent), Paris (117 Prozent), London (117 prozent) und News York (72 prozent). Dieses außergewöhnliche Wachstum legt die Vermutung nah, das potentielle Käufer von Supersportwagen sich in Zukunft nicht nur für schnelle Rundenzeiten interessieren, sondern auch dafür, ob die Investition in einen Ferrari, McLaren, Porsche und Co. sich als lohnend herausstellen wird. Eine berechtigte Vorgehensweise, bedenkt man, dass sich der Wert des Ferrari Enzo in den letzten zehn Jahren mehr oder weniger verdoppelt hat.
Dementsprechend stellt sich, abgesehen von Aussehen, Leistung und Kaufpreis – von denen ein Faktor als subjektiv und die anderen beiden als relativ anzusehen sind – die Frage: Warum ist der Ferrari F40 heute viel wertvoller als der Porsche 959, obwohl beide zur gleichen Zeit in kleinen Stückzahlen gefertigt worden sind? Die Antwort liegt im wirtschaftlichen Prinzip von Angebot und Nachfrage, die stark von Faktoren wie der wahrgenommenen Wertigkeit, der nachhaltigen Relevanz und der geschichtlichen Bedeutung beeinflusst werden. Faktoren, die – bereits lange vor dem ersten Automobil – für Sammler von Uhren, Schmuck, Weinen und Kunst Bestand hatten.
Eines ist sicher: Der neue LaFerrari sorgte für solch ein großes öffentliches Interesse, wie kaum ein Auto in den letzten zehn Jahren hervorgerufen hat. Auch, dass die Modeneneser ihren Sportwagen einfach nur „LaFerrari“ genannt haben, zeugt von einem Selbstbewusstsein, wie es sonst nur der mächtige Volkswagen-Konzern mit seinem Werbespruch „Das Auto“ an den Tag legt. Doch wenn es um das Wecken von Emotionen geht, sind die Italiener den trockenen Deutschen natürlich um Längen voraus. Dennoch bin ich noch nicht überzeugt. Seit kurzem hat die Industrie selbst für den Bereich der Supersportwagen eine fast krankhafte Neigung zum ökologischen Denken entwickelt. Aus meiner Sicht völlig irrelevant, da meist nie mehr als 500 Modelle dieser Hochleistungs-Sportwagen gefertigt werden und jeder von ihnen im Schnitt jährlich nur 1.600 Kilometer zurücklegt. Dennoch finden sich in den Marketing-Broschüren dieser „Hypercars“ in immerwährender Dauerschlaufe die Wörter Effizienz, Reduzierung und Nachhaltigkeit.
Den Punkt, den ich versuche zu machen, ist: Dieser Trend der vermeindlichen Öko-Sportler – und damit meine ich die mit giftigen Batterien beladenen Superpsortwagen – sind ein vergleichbar schädlicher Trend, wie der Siegeszug der Quarz-Uhren, der einst fast die gesamte hochqualifizierte schweizerische Uhrenindustrie zerstört hat. Der Bugatti Veyron mit über 1.000 PS Leistung wird derzeit häufig als der Dinosaurier unter den Hypercars bezeichnet. Für mich ist dieser außergewöhnliche Sportwagen vielmehr vergleichbar mit einer der letzten mechanischen Tourbillon-Uhren – vielleicht nicht so genau wie eine digitale Uhr, aber vor allem so zeitlos, dass sich auch zukünftige Generationen für diese „alte“ Mechanik begeistern werden.
Vor dem Hintergrund des sich immer rasanter entwickelnden technologischen Fortschritts, stellt sich doch die Frage, ob veraltete Batterien und elektrische Motoren eines LaFerrari, McLaren P1 oder Porsche 918 auch in zehn Jahren noch so begehrenswert sind. Ich stelle mir nur vor, was mein Kind sagen würde, wenn es einen iPod der ersten Generation von mir geschenkt bekommen würde. Ist diesen „New-Age-Supercars“ ein ähnliches Schicksal beschert, wie der Junghans-Funkuhr oder den Casio-Datenbank-Uhren, die in den 1980er-Jahren als „ultra cool“ galten, sich aber 2013 in keiner ernstzunehmender Uhrensammlung befinden?
Wenn ich mich allerdings zwischen einem der drei “Neuen” entscheiden müsste, würde ich den LaFerrari wählen. Es sei denn, Porsche könnte mir einen 918 ohne den erschwerenden Batterie-Müll, aber mit festem Dach bauen. Wie auch immer: Der beste Sportwagen des Genfer Autosalons ist orange und steht auf dem McLaren-Stand – der F1 LM. Doch sollte ich mein hardverdientes Geld in einen neuen Sportwagen investieren, den ich als Langzeitinvestment sehe, dann würde ich den Bugatti Veyron wählen – den wahren Automobil-Tourbillon.
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Text: Chris Hrabalek
Fotos: Classic Driver / Hersteller