Szenenapplaus. Anhaltend. Dieter Landenberger, Leiter des historischen Archivs („Heute gibt es etwas auf die Ohren“) und Walter Zipser, Motorjournalist, sowie DSF- und Sky-Kommentator, haben einige Delikatessen aus dem Museum ausgesucht. Und das Publikum goutiert es. Zipser spricht von 911 Besuchern, was angesichts des völlig zugeparkten Parkhauses (260 Plätze) sowie diverser Fahrzeuge auf den Ausweichplätzen bei Porsche SE durchaus als gegeben angenommen werden kann. Bereits die erste Sound-Nacht hatte mit mehr als 1.000 Besuchern alle Erwartungen übertroffen.


Die nächste Legende sind eigentlich zwei: der 356 B 2000 GS Carrera GT und einer seiner Bezwinger, Jochen Neerpasch. Letzterer erzählt, wie er mit einem Lloyd 300 von Krefeld direkt nach Zuffenhausen fuhr und beim Pförtner vorstellig wurde mit den Worten: „Ich möchte in die Rennabteilung“. Das hat zwar ein wenig gedauert, aber schließlich bekam er seinen Willen. Und 1964 durfte er den „Dreikantschieber“ auf der Targa Florio heizen, nachdem er mit einem Ford 12 M von Köln nach Sizilien gereist war: „Der brauchte keine Bremsen, der hatte ja kaum Leistung“. Neerpasch, Grandseigneur der Motorsportszene, Lehrer und Förderer vieler junger Talente, lauscht ebenfalls ungedämpft, als der Dreikantschaber zu Leben sprötzelt. Nach kurzer Atmungsregulierung durch offene Weber-Doppelvergaser klingt es ein wenig nach Sizilien, nach Hardrock mit grobem Schmirgelpapier und nach „teilweise asphaltierter Strecke“ (Neepasch).
„Vom Turbo hatte bei uns keiner eine Ahnung“, gesteht Valentin Schäfer danach. Er – 39 Jahre lang bei Porsche in der Entwicklung – erzählt über die Entstehung vom „stärksten Porsche überhaupt“ und wie er von Ferdinand Piech zu Eberspächer nach Esslingen geschickt wurde, um Turbos zu besorgen. Maßgabe: Streng geheim, wofür die gebraucht wurden. Das klappte nicht ganz. Wie auch der Versuch, einen 16-Zylinder auf die Räder zu stellen. Zwölf sollten es sein. Und die Turbos. Der daraus für die CanAm-Serie entstandene 917/30 Spyder wird ebenfalls rücklings aus dem Lastenaufzug geschoben. Und vor die Trichter, welche die Abgase aufsaugen. 1.200 PS warten. Das Publikum hält den Atem an. Und für sein „Es war eine schwere Zeit“, erhält Schäfer noch einmal Applaus. Dann ist der Bolide dran: Zunächst unspektakulär. Bis das System sich eingespielt hat und die Klang-Choreographie aus 12 Töpfen zum urzeitlich-bösen, tief grollenden Inferno ansetzt. „Jetzt ist es für mich Musik,“ fügt Schäfer hinzu. „Früher habe ich mit der Angst gelebt“. Warum? „Wir haben die McLaren zwei Mal überrundet. Und auf der Rundstrecke einen Schnitt von 357 km/h erreicht.“
Geschichten um Geschichte. Gestandene Männer erzählen von Motoren und Porsches aus einer anderen Zeit. Das Museum rockt noch fast bis Mitternacht. Denn Hans-Joachim „Striezel“ Stuck ist auch gekommen, um den 962 hören zu lassen. Und als Sahnestückchen gibt es noch eine Hörprobe vom 959 Paris Dakar. Porsche rockt, das weiß jeder Junge. Dass er eine halbe Nacht lang mehr als 900 Junge, Alte, Frauen und Männer zu spontanem Applaus bringen kann, ist neben dem Sound der Nacht auch den vielen, netten Anekdoten zu verdanken. Ein zehngängiges Motoren-Menu, bei dem die Beilagen von hellwachen älteren Herren aufgetischt werden. Classic Driver hat einige Klang-Delikatessen aus dem Archiv geholt, um es bei einem guten Glas Wein und Fingerfood richtig rocken zu lassen.
Text: Jo Clahsen
Fotos: Porsche